Wie historische Erzählungen Versöhnung im Nahen Osten behindern – und fördern können

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Wie historische Erzählungen Versöhnung im Nahen Osten behindern – und fördern können

Eine kürzlich in Berlin abgehaltene Konferenz zum 80. Jahrestag der Rolle Deutschlands im Zweiten Weltkrieg weckte Hoffnung auf eine Versöhnung im Nahen Osten. Die Veranstaltung, an der Teilnehmer aus verschiedenen Ländern teilnahmen, setzte sich intensiv mit historischen Erzählungen auseinander, hinterfragte Perspektiven und förderte den Dialog.

Jeder Teilnehmer trug die zentrale Erzählung seines Landes über den Zweiten Weltkrieg vor. Auffällig war, dass viele junge Europäer die Opferrolle als Kern ihrer nationalen Identität betonten. Länder wie Deutschland und Bosnien-Herzegowina, die für die Aufarbeitung vergangener Aggressionen bekannt sind, bauen ihre Identität um Erzählungen von Schmerz und Trauma auf. Deutschland ringt mit seiner Schuldgeschichte und dem Holocaust, während Bosnien die Erinnerungen an das Massaker von Srebrenica prägt.

Die Konferenz stellte auch die israelisch-jüdische Erzählung infrage, die sich vor allem auf den Holocaust und die Verfolgung der Juden konzentriert. Der Autor hinterfragte, ob diese dominante Opfererzählung mitunter eine Barriere für die Anerkennung des Leidens der Palästinenser darstellt. Die Begegnung mit einer palästinensischen Friedensaktivistin veränderte zudem die Annahmen des Autors über die palästinensische Haltung gegenüber Israelis und Juden. Eine französisch-deutsche Freiwillige in Israel betonte, dass viele Palästinenser Israel vor allem durch Soldaten oder Siedler erleben – nicht durch friedliche Zivilisten –, was die Erzählung weiter verkompliziert.

Die Berliner Konferenz unterstrich die prägende Kraft historischer Erzählungen für nationale Identitäten. Gleichzeitig zeigte sie die Notwendigkeit eines differenzierten Dialogs und gegenseitigen Verständnisses auf – besonders im komplexen Kontext des Nahen Ostens. Durch die Auseinandersetzung mit den Erzählungen des anderen fanden die Teilnehmer Hoffnung auf mögliche Versöhnung und Partnerschaft.